Medium Digital » Newsdetail
Aus- und Fortbildung

Wirtschaftliche Fortbildung: e-Health

Die neuesten Ergebnisse rund um die digitale Medizin präsentierten die Vortragenden bei der Fortbildungsveranstaltung über e-Health.

Von Mag. Christoph Schwalb | med.ium 1+2/2024 | 20.2.2024

Als Arzt und Ärztin ist es essenziell, fachlich stets am Laufenden zu bleiben. Gerade bei Themen wie e-Health, die Gesundheit mit digitalen Anwendungen verbindet. Die Bandbreite an der Schnittstelle
zwischen Arzt und Patient reicht hierbei von der verwaltungstechnischen Ausstattung wie e-card und e-Impfpass bis hin zu diagnostischen bzw. therapeutischen Abläufen wie e-Befund und e-Medikation.

Um die Ärzteschaft auf den neuesten Wissensstand bei e-Health in Ordinationen zu bringen, hat die Fortbildungsakademie der Salzburger Ärztekammer Ende Jänner zur Veranstaltung „E6: e-card, e-Medikation, e-Befund, e- Impfpass, e-Überweisung, e-Rezept“ geladen.

Neben aktuellen Entwicklungen standen für die rund 100 MedizinerInnen, die vor Ort sowie online teilnahmen, vor allem zwei relevante Punkte im Fokus: die Praktikabilität der e-Health-Anwendungen (etwa die elektronische Gesundheitsakte ELGA oder das digitale Röntgenbild) und die Verpflichtung zur e-Card-Anbindung bei Wahlärzten.

„Als Arzt und Ärztin ist es essenziell, fachlich stets am Laufenden zu bleiben.“

Mit einem Überblick über die österreichische e-Health-Landschaft, deren Anbieter und e-Tools im niedergelassenen Bereich eröffnete Dr. Alexander Moussa (Leitung ÖÄK-Referat e-Health in der Ordination) von der Bundeskurie niedergelassene Ärzte (BKNÄ) den Vortrag. Als Experte online zugeschaltet, erklärte er den ZuhörerInnen, dass e-Health mehr als nur Tele-Medizin sei. Sie meint insbesondere die Nutzung aller ihr zur Verfügung stehenden Technologien, genauso wie die digitale Inklusion der PatientInnen.

Ob elektronische Arztkoffer mit Online-Analysegeräten, epidermale Pflaster oder die zugelassene digitale Pille. Was in der Tele-Medizin früher Science-Fiction war, sei heutzutage schon längst Realität, so Dr. Moussa. Das Referat der BKNÄ sehe sich als Drehscheibe für den Informationsaustausch mit der bundesländerübergreifenden Vernetzung als ihre Aufgabe. Kommende Themenschwerpunkte werden laut Moussa der e-Card-Gesamtvertrag, der Fax-Ersatz und der European Health Data Space sein. In einer Übersicht der e-Tools im niedergelassenen Bereich differenzierte Moussa zwischen den Anwendungen der Sozialversicherung (wie e-Card, elektronische Arbeitsunfähigkeitsmeldung eAUM oder Arzneimittel-Bewilligungs-Service ABS) und e-Health-Anwendungen der ELGA (e-Medikation, e-Impfpass).

Die e-Card ist das zentrale Instrument zur Abrechnung für VertragsärztInnen

Anmeldung, Ausstattung, Kosten. Auch bei den technischen Voraussetzungen und den damit verbundenen Kosten gibt es viel Aufklärungsbedarf. Lukas Schweighofer, LLM. oec. legte anschaulich dar, woraus sich die technische e-Card-Infrastruktur zusammensetzt, dass ausschließlich Gesundheitsdiensteanbieter (GDA) wie Ärztinnen und Ärzte daran teilnehmen und es anwenden dürfen, etwa zur Konsultationsbuchung, Arzneimittelbewilligung, für die Arbeitsunfähigkeitsmeldung eAUM und zur Ausstellung von e-Rezepten und Überweisungen (eKOS).

Der technische Anschluss an das Gesundheits-Informations-Netz-Service (GINS) kostet ab 80 Euro pro Monat, der Zugang erfolgt über einen von fünf Providern, zuvor sind Admin-Karten über die ÖGK zu bestellen. Das e-Card-System ist über Web und Arztsoftware nutzbar, auch in Zusammenarbeitsformen wie Gruppenpraxen, PVE und Gemeinschaftspraxen. Wählt man die komfortabler nutzbare, mit der Arztsoftware vollintegrierte Lösung, liegen die Kosten für Arzt und Ärztin bei rund 200 bis 600 Euro monatlich.

Den interessierten ZuhörerInnen Einblicke in die niedergelassene Praxis gegeben hat Dr. Richard Barta, Referent Arzt für Allgemeinmedizin der Ärztekammer Salzburg. Als Vertragsarzt ist er verpflichtet, mit dem digitalen e-Card-System zu arbeiten. Der essenzielle Vorteil des Systems, quasi die Kür, sei die zeitsparende Integration in seine Ordination-Software, so Dr. Barta. Die monatlichen Gebühren sind abhängig von den gekauften Services der Provider und den installierten Modulen in der Arztsoftware. Nicht ratsam sei das sehr zeitintensive Arbeiten über die Web-Oberfläche der e-Card, schildert der Arzt seine Erfahrung.

Die kommende Bedeutung der e-Card für WahlärztInnen schilderte Wahlärztereferent Dr. Michael Sigmund ausführlich. Aufgrund gesetzlicher Änderungen (Vereinbarungsumsetzungsgesetz 2024) sollen für freiberuflich tätige ÄrztInnen wie WahlärztInnen ab 2026 die Verwendung der e-card, die Speicherung und Erhebungvon Gesundheitsdaten in ELGA verbindlich sein.

Bei dieser Verpflichtung zur e-Card stelle sich für seine KollegInnen die Frage: „Welche Services möchte ich nutzen und wo liegen meine Vorteile?“, so Dr. Sigmund. Auch werden Zusatzmodule nötig, was sich preislich bemerkbar mache. Die Einreichung der Wahlarztrechnung für PatientInnen werde durch die Umstellung nicht einfacher, prognostiziert Sigmund. Digitale Anwendungen wie das Arzneimittel-Bewilligungs-Service ABS seien bereits jetzt möglich.

Die wesentlichen Änderungen für Wahlärzte auf einen Blick:

  • Verpflichtung von „versorgungswirksamen“ Nichtvertragspartnern der Sozialversicherungen zur e-Card-Nutzung ab 2026
  • Mitwirkung bei der Kostenerstattung (digitale Übermittlung von Honorarnoten) bereits ab Juli 2024 (sofern Patienten es verlangen und der Dachverband bis dahin Vorgaben dazu erlassen hat)
  • Verpflichtung zur Diagnose- und Leistungscodierung von Krankheitsbildern auf Basis einer Klassifizierungsverordnung

Im anschließenden Gespräch zu den Auswirkungen auf Wahlärzte mehrten sich kritische Stimmen aus dem Publikum, vor allem hinsichtlich der Codierung, da Österreich das einzige Land in Europa ohne Codierungspflicht sei, wie eine Ärztin meinte. Eine Codierung wie etwa in Deutschland lehne auch die BKNÄ ab, meldete sich Dr. Moussa zu Wort.

Auf die Fragen der anwesenden WahlärztInnen im Publikum geht deren Vertreter Dr. Sigmund ein und rät ihnen, die rechtlichen Entwicklungen des Gesetzgebers noch abzuwarten. Dr. Kubin plädiert generell dafür, „digitale Anwendungen nicht als Hemmschuh“ zu sehen, schließlich helfen sie ÄrztInnen bei ihrer Tätigkeit mit ihren PatientInnen.

Die Unterschiede zwischen e-Rezept (e-Card-System) und e-Medikation (ELGA) zeigt Dr. Barta auf, die vor allem in der differenten Authentifizierung liegen: ohne e-Card kein ELGA. Die einzige Gemeinsamkeit: beide nutzen ELGA. Der Nutzen des e-Rezepts: es löst das Papierrezept ab (Voraussetzung aufrechter Versicherungsanspruch des Patienten). Der Nutzen der e-Medikation: Übersicht, Wechselwirkungsübersicht, Vermeidung von Mehrfachverschreibung, der Patient muss in ELGA angemeldet sein (wenn kein Opt-out erfolgt ist).

Was ist eKOS? Den Praxisüberblick zum Nutzen des elektronischen Kommunikationsservice aus vertragsärztlicher Sicht legten Dr. Kubin und Dr. Barta gemeinsam dar: Ziel sei es, alle Papierformulare
abzulösen. eKos sei geeignet für Überweisungen zu CT und MRT, folgen sollen Röntgen und Sonographie. Der automatisiert erfolgende Ablauf: 1. Zuweisung, 2. Bewilligung, 3. Termin, 4. Behandlung, 5. Leistungen abrechnen. Der Vorteil: Transkriptionsfehler entfallen, ein „Triple booking“ von PatientInnen auf mehreren Wartelisten bei verschiedenen ÄrztInnen werde so unterbunden, erklärt Dr. Kubin. Aus Praxissicht jedoch sei eKOS sehr zeitintensivund schwierig zu implementieren und werde daher derzeit selten genutzt, gibt Dr. Barta zu bedenken. Beim e-Impfpass hingegen läuft der Papierersatz inzwischen sehr flüssig: der Zugriff erfolgt über die App „e-Impfdoc“, Web, e-Card-System bzw. Arztsoftware.

Die e-Health aus intramuraler Sicht zeigte der e-Health-Beauftragte der Salzburger Landeskliniken (SALK), Dr. Alexander Kollmann. Die ELGA in der SALK unterstütze die ÄrztInnen beim Datenaustausch. Beim Lese-Zugriff auf ELGA seien die Fallzahlen pro Monat beträchtlich: zwischen 100 und 1.000 Befundaustausche mit den Nachbarbundesländern, 3.000 Befundabrufe innerhalb der Krankenhäuser Salzburgs und rund 10.000 e-Medikations-Abrufe.

Der Trend gehe vermehrt zu Abrufen aus privaten ELGA-Bereichen und auch zu mehr Abrufen aus Nachbarbundesländern als umgekehrt. Beim Schreib-Zugriff auf ELGA sind die Zahlen monatlich ebenfalls
hoch: 42.000 Befunde, 5.000 Entlassungsbriefe, 9.000 Radiologie-Befunde und 28.000 Laborbefunde. Rund 35.000 e-Befund-Abfragen erfolgten aus dem niedergelassenen Bereich.

Der Nutzen von ELGA aus intramuraler Sicht:

  • Medizinisch: effiziente Anamnese, Patientensicherheit
  • Organisatorisch: Eindeutigkeit, Struktur
  • Administrativ: automatisch, keine Verträge mit Kooperationspartnern nötig

Die Herausforderung sieht Kollmann darin, dass Sender und Empfänger gemeinsam wachsen, in der Nutzbarkeit sowie im Neudenken von Prozessen: zeitnahe Befunderstellung bei Entlassung eines Patienten, bei Aufnahme eines Patienten sowie beim Suchen von Daten reicht ein Blick in ELGA. Sein Ausblick: Abstimmungen von Sendern und Empfängern müssten gemeinsam erfolgen, zudem könnten regionale
e-Health-Anwendungen auf ELGA-Basis (Tele-Konsultation, Tele-Medizin) geschaffen werden. 

Zum Abschluss der Fortbildungsveranstaltung beleuchtete Dr. Moussa vom ÖÄKReferat für e-Health die Zukunftsaussichten von ELGA aus extramuraler Sicht. Das System sei ausgerollt, eine flächendeckende
Anbindung der Krankenanstalten sowie der berechtigten Gesundheitsdiensteanbieter zum Lesen der Befunde erfolgt. Zum Schreiben und zur Standardisierung der Daten sei mit „CDA“ ein eigenes Format geschaffen worden.

Die e-Medikation (ELGA) hat eine verpflichtende Übersicht über Verordnungen und Abgaben von Medikamenten an PatientInnen erreicht, auf die BürgerInnen, ÄrztInnen, Apotheken und Krankenhäuser sowie Pflegeeinrichtungen in allen Bundesländern Österreichs Zugriff haben.

Das wichtige sei, gerade für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, die den Verzeichnis- und Zugriffsdienst ELGA mit ihren Befunden füllen, dass dieser Befundspeicher für sie kostenfrei bleibe, so Dr. Moussa abschließend.

Fachliche Einschätzung zur Praktikabilität und Verpflichtung digitaler Anwendungen

„Der Zugriff auf Patientendaten mittels ELGA durch alle Gesundheitsdiensteanbieter (GDA) bringt aus meiner Sicht überwiegend Vorteile – insbesondere für die PatientInnen. Aber auch wir als Behandler profitieren aufgrund eines niederschwelligen Zuganges zu allen relevanten Patientendaten – idealerweise aus dem intra- und extramuralen Bereich.

Je höher die Akzeptanz bei Patienten und GDA ist, desto besser ist es für ELGA. Daher erscheint es mir sinnvoll, auch Gesundheitsdienstleister als ELGA-Nutzer zu gewinnen, die nicht in einem direkten Vertragsverhältnis mit den Sozialversicherungen stehen.“

Was das digitale Röntgenbild anbelangt, so Dr. Kubin: „ELGA als sicheres Netzwerk für Gesundheitsdaten bietet sich natürlich auch an, um Röntgenbilder zu transferieren – im Endausbau als österreichweite PACS-Lösung. Bis zu dieser Umsetzung ist jedoch auf die RadiologInnen Verlass. In allen Bundesländern gibt es alternative Röntgenbild-Präsentationstools, die es zuweisenden Ärzten, Spitälern und PatientInnen
ermöglichen, online Röntgenbilder abzurufen. In Salzburg erfolgt dies beispielsweise durch www.e-ray.at – eine Initiative des Radiologie-Verbunds Nord.“

„Die Digitalisierung im Praxisalltag kann einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung und Effizienzsteigerung darstellen. Allerdings ist dabei zu fordern, dass digitale Anwendungen noch mehr auf den Ordinationsalltag abgestimmt werden und alle von Gesundheitsverwaltern bzw. Sozialversicherungen eingeführten Instrumente in voller Höhe, inklusive der Software-Implementierung, den Vertragspraxen finanziert werden.“

„e-Card, e-Rezept und e-Impfpass haben sich nach anfänglichen Schwierigkeiten in der Praxis etabliert und es findet sich auch ein Mehrwert für Patienten und Ärzte.

Bei e-Befund, e-Medikation (im Unterschied zu e-Rezept) und e-Überweisung gibt es noch großen Nachholbedarf. Hier scheitert es zum Teil an der Praktikabilität und großflächigen Ausrollung. Diese Anwendungen machen aber nur Sinn, wenn möglichst alle Ärzte und Krankenhäuser daran teilnehmen. Aus meiner Sicht sollten diese Applikationen so gut und einfach benutzbar sein, dass alle mitmachen wollen und nicht müssen.“

e-Card: Einschätzung aus der Praxis

„Seit die e-Card 2005 für alle Sozialversicherungen flächendeckend eingeführt wurde, sind die Funktionen mit der Zeit stetig gewachsen“, so Dr. Manuel Hackl.

Er zählt mehrere e-Card-Anwendungen auf und schätzt ihre Praktikabilität ein – basierend auf seiner persönlichen Erfahrung im Praxisalltag:

  • Arzneimittel-Bewilligungs-System ABS:
    Aufgrund der immer strengeren Datenschutzverordnungist ein Fax an den Chefarzt nicht mehr zulässig. Ein Brief per Post ist auch nicht mehr wirklich zeitgemäß, so Hackl. Ein klarer Vorteil: Eine Bewilligung per ABS erfolgt binnen weniger Minuten.
  • Elektronische Krankmeldung eAUM:
    Die papierlose Krankmeldung funktioniert von Seiten der Ärzteschaft, jedoch ist die elektronische Abfrage von Seiten der Arbeitgeber nur sehr lückenhaft. Die meist ausgelagerte Lohnverrechnung kann die Krankmeldung abfragen, bevorzugt jedoch die Papierform, gibt der EDV-Referent-Stv. zu bedenken.
  • elektronisches Kommunikationsservice eKOS:
    Diese Funktion z. B. zur Buchung von MRI-Terminen ist noch nicht für den Arbeitsablauf in den Ordinationen abgestimmt und wird derzeit nicht verwendet.
  • Rezeptgebühren-Obergrenze REGO:
    Eine sehr objektive Methode, die Gewissheit über eine RP-Befreiung schafft, meint Hackl.
  • Prä-OP-Befundung PROP:
    Ähnlich wie die eAUM elektronisch erfasst und in Papierform dem Patienten mitgegeben. Sie ist jedoch elektronisch abfragbar.
  • e-Rezept, e-Medikation:
    „Das ist wirklich eine sinnvolle Umstellung zu einer papierfreien Ordination – es ist bereits eine elektronische Suchtgift-Verordnung integriert. Allerdings ist ein Eintrag in die e-Medikation daran gebunden, dass die e-Card des Betroffenen innerhalb der letzten 90 Tage vor Verordnung direkt in der Ordination ,gesteckt‘ worden ist“, so Hackl. Dies führt in der Praxis zu erheblichen Lücken.
  • e-Impfpass:
    Die Verwendung des e-Impfpasses wurde mit der Corona-Impfung eingeführt. Sämtliche Impfungen werden bereits auf diesem Weg gespeichert. Wünschenswert wäre eine Abfrage für Patienten per App, wie beim elektronischen Führerschein am Handy. In Zukunft könnte eine KI dem Patienten Auffrischungsintervalle einmelden, so Hackl.
  • Verordnung Formularübermittlungsservice FUS:
    Laut Hackl ist FUS in Einführung und derzeit im Pilotversuch. Es betrifft vor allem Hörgeräte sowie die Sauerstoffversorgung.

Das Fazit von EDV-Referent-Stv. Hackl: All diese Funktionen vereinfachen den Ordinationsbetrieb, auch wenn die Umstellung manchmal mühsam erscheint.

Wenn die Umstellung und Einrichtung erst einmal geschafft sind, kann der zeitgemäße Umgang mit e-Health in der Ordination ÄrztInnen im medizinischen Alltag helfen, effizient zu arbeiten. Davon profitieren ÄrztInnen wie PatientInnen gleichermaßen. Das gelingt am besten, wenn die Anwendungen einfach zu bedienen sind, durch Praktikabilität und Nutzen überzeugen und dadurch zur Teilnahme einladen.

Mehr Infos: