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Virgilambulanz: Gesundheit als Grundrecht

In der Virgilambulanz der Caritas in Salzburg betreuen Ärzt*innen, DGKP*innen, Sozialarbeiter*innen und Ordinationsassistent*innen Menschen in Not, die teilweise ohne Krankenversicherungsschutz dastehen.

Mag. Christoph Schwalb | med.ium 3+4/2025

Das Leuchtturmprojekt liegt unscheinbar da, mit Blick auf den Salzburger Hausberg Gaisberg. Nur ein vor der Tür stehender Krankentransportwagen lässt die Einrichtung von außen erkennen. In den modernen Ordinationsräumen der im August 2024 neu eröffneten Caritas-Virgilambulanz im Stadtteil Parsch werden nichtversicherte, wohnungs- oder obdachlose Menschen und versicherte Menschen mit erschwertem Zugang zum Gesundheitswesen behandelt. Unter der ärztlichen Leitung des pensionierten Allgemeinmediziners Dr. Winfried Köhler versorgt ein multiprofessionelles Praxisteam, ergänzt durch freiwillige Ärzt*innen und DGKP*innen, die hierherkommenden Patient*innen. Auf die Frage, wen oder was genau sie in der Ambulanz behandeln, stellt Dr. Köhler klar, dass weder Schwerverletzte noch Menschen mit Suchtproblemen behandelt werden. 

Die Ambulanz richtet sich generell an Nichtversicherte, Wohnungs- oder Obdachlose in Salzburg oder Versicherte mit erschwertem Zugang zum Gesundheitswesen. Auch Patient*innen mit erhöhtem Betreuungsbedarf, die mit dem normalen Ablauf in einer Allgemeinmedizinpraxis nicht klarkommen, werden durch Sozialarbeiter*innen unterstützt, erklärt Dr. Köhler.

Medizinische, pflegerische und soziale Versorgung von Menschen in Not

Der Basisbetrieb der Ambulanz ist finanziert, jedoch vor allem für Nichtversicherte sind viele Kooperationen mit Laboren, Apotheken oder Röntgenpraxen notwendig, um die Untersuchungen zu gewährleisten. Natürlich freut man sich in der Ambulanz auch über Spenden, Medikamente und Verbandsmaterial. Finanziert wird der Betrieb von ÖGK (37,5 Prozent), Land/Salzburger Gesundheitsfonds SAGES (50 Prozent) und Stadt (12,5 Prozent).

Ansonsten ist die Virgilambulanz eine ganz normale Ordination mit zwei fix angestellten Allgemeinmediziner*innen und zwei freiwilligen Ärzten, die die Patient*innen betreuen. Unterstützt werden sie durch Sozialarbeiter*innen und Diplomkrankenpfleger*innen. Hinzu kommt der Vertrag der Ordination mit der österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), der vorschreibt, zum Teil auch deren Versicherte zu behandeln.

Allerdings soll das Ambulanzteam diese Versicherten über keinen längeren Zeitraum – quasi als Konkurrenz zu den Hausärzt*innen – betreuen, legt Dr. Köhler dar. Aber zum Beispiel bei Sprachbarrieren kann die Betreuung in der Virgilambulanz einfacher funktionieren als bei Hausärzt*innen: Dr. Köhlers Kollege spricht Arabisch und Syrisch, auch mit Dolmetschprogrammen gibt es gute Erfahrungen.

Bekämpfung und Vorbeugung von Krankheiten, Entlastung der Krankenhäuser: Ärzt*innen gesucht

Virusinfekte, offene Geschwüre, Harnwegsinfekte. Behandelt wird das gesamte allgemeinmedizinische Spektrum. Die Allgemeinmediziner*innen – unter den Freiwilligen ist auch eine Urologin – betreuen, was sie können, von Abnahmen für Laborbefunde bis hin zu depressiven Erkrankungen. Um das Spektrum zu erweitern, werden noch eine Frauenärztin und ein Hausarzt gesucht. Aktuell erstversorgt eine Kinderzahnärztin als Kooperationsparterin im Anlassfall Kinder zahnärztlich. 

Auch chronische Diabetes- und Herzkreislauferkrankungen kann das Team medikamentös gut abdecken. Wenn sie ärztetechnisch an die Grenzen kommen, hilft ein Kooperationsabkommen mit allen Salzburger Spitälern, in die sie ihre Patientinnen und Patienten schicken können, hebt Dr. Köhler hervor. 

Eine Lösung durch Verträge von Caritas und ÖGK sieht vor, dass Behandlungen der Virgilambulanz bei der Gesundheitskasse eingetragen werden. Über das E-Card-System dokumentieren sie auch Behandlungen von Nichtversicherten, um so alle Leistungen zu erfassen, erklärt Caritas-Direktorin Andrea Schmid. 

Sozialarbeiterinnen wie Kristina Widerin helfen den Patient*innen zudem bei rechtlichen und bürokratischen Belangen, etwa bei der Beantragung von Rente oder der Klärung ihres Versicherungsstatus. Die Patient*innen finden meist durch Mundpropaganda oder durch Streetworker zur Virgilambulanz. Auch Vernetzungstreffen mit Vertreter*innen von Krankenhäusern, mit niedergelassenen Ärzt*innen und Fachärzt*innen, Medien und anderen Sozialverbänden tragen dazu bei, die medizinischen Hilfsangebote bei den Betroffenen bekannter zu machen, erzählt Frau Schmid. 

Es gibt Patient*innen, die regelmäßig wegen ihrer Medikamente in die Ordination kommen, andere kommen zur Wundversorgung. Andere sind Einzelfälle auf der Durchreise, die gar nicht in Salzburg leben. Manchmal zählen sogar Student*innen zu den Patient*innen, die vorübergehend in Salzburg waren und übersehen haben, sich bei einer Krankenversicherung anzumelden.

„Die Ambulanz richtet sich generell an Menschen in Not in Salzburg, die keine Versicherung haben oder in Österreich aufgrund sprachlicher Barrieren nicht erfasst sind. Auch Patientinnen und Patienten mit erhöhtem Betreuungsbedarf, die mit dem normalen Ablauf in einer Allgemeinmedizinpraxis nicht klarkommen, werden durch Sozialarbeiter*innen unterstützt …“

Sie waren erkrankt, sind aber inzwischen schon längst wieder abgereist. Bei den Notreisenden ist es so, dass diese vor Weihnachten zu ihren Familien nach Rumänien abreisen und erst nach längerer Zeit zurückkehren. 

Niederschwelligkeit für Härtefälle von Patient*innen 

Auch ältere Menschen, die nicht versichert sind, kommen regelmäßig in die Ambulanz, um ihre Medikamente zu erhalten. Dr. Köhler hebt hervor, dass sie nicht in Konkurrenz zur niedergelassenen Ärzteschaft treten
wollen. Sie kümmern sich meistens um zeitintensivere Patient*innen, die Probleme mit der Anmeldung und allfälligen Bürokratie haben, sich aufgrund ihrer Geschichte mit einem normalen Ordinationsbesuch schwertun und damit überfordert wären. Deshalb werden diese von den Sozialarbeiter*innen bei dem organisatorischen Aufwand unterstützt – und entlasten so die niedergelassenen Kolleg*innen.

„Wir haben Gott sei Dank eine Kooperation mit dem Roten Kreuz, dass wir im Falle des Falles anrufen können und von der Virgilambulanz ein Transport ins Krankenhaus gratis durchgeführt wird. Vom Krankenhaus zu uns werden Patient*innen nicht transportiert. Wenn ein*e Patient*in allerdings nicht mehr stationär ist, ist schon vorgesehen, dass er*sie bei uns nachversorgt wird, Wunden zu betreuen, Nähte zu entfernen, die vom Spital angeordnete Medikation fortzusetzen“, schildert Dr. Köhler. 

Wofür Dr. Köhler auch sehr dankbar ist, sind Medikamentenspenden. „Momentan sind wir in den meisten Substanzgruppen ganz gut aufgestellt, weniger gut ist, wenn wir wahllose Medikamenten- oder  Verbandsmaterialspenden erhalten, die bereits abgelaufen sind. Langfristig angedacht ist, dass wir chronisch Kranken helfen können, wenn sie absolut notwendige Medikamente brauchen, die nicht in unserem Spendendepot sind, dass es da auch Spender*innen gibt, die die Betreuung von einem* einer Patient*in für ein Jahr durch eine Spende begleiten“, wünscht sich Dr. Köhler. 

Wie man als Ärztin und Arzt oder als Spender*in helfen kann 

Wie kann man helfen und spenden? Am besten direkt in der Virgilambulanz anrufen. „Wir sind um alles froh“, betont Direktorin Schmid. Besonders benötigt werden Hygieneartikel, Shampoos gegen Kopfläuse und Schwangerschaftstests. Dankbar sind sie auch über Kooperationen mit Unterstützer*innen wie der nahegelegenen Borromäus-Apotheke oder einem Röntgenfacharzt, der radiologische Untersuchungen gratis
anbietet. Oder auch das Labor Mustafa, das Laborproben binnen kürzester Zeit abholt und auswertet. Und die großen Salzburger Spitäler UKH, SALK und Barmherzige Brüder, die gegen Voranmeldung gerne Patient*innen annehmen. 

Diensteinteilung: Ein eingespieltes System 

Zwei fix angestellte Ärzte arbeiten an bestimmten Tagen, eingeteilt durch die Teamleiterin. Wenn einer der beiden krank oder auf Urlaub ist, greift man auf Freiwillige zurück. Dennoch freut sich die Virgilambulanz stets über weitere Allgemeinmediziner*innen und Fachärzt*innen, die bei ihnen flexibel mitarbeiten wollen. Das On-boarding von interessierten Mediziner*innen erfolgt durch eine Sozialarbeiterin, die ärztliche
Einschulung durch den ärztlichen Leiter der Ambulanz. 

Dank einer Kooperation mit der Ärztekammer für Salzburg wird auch die Versicherung für freiwillig mitarbeitende Ärzt*innen übernommen.

Mehr Infos zum Mithelfen und Spenden:

www.caritas-salzburg.at/virgilambulanz

Spendenkonto:
Caritasverband der ED Salzburg
AT11 3500 0000 0004 1533
Bitte den Verwendungszweck angeben: Virgilambulanz