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Aus der Kammer

Vernetzungstreffen der Salzburger Ärztinnen

Beim Vernetzungstreffen des Ärztinnen-Referates haben die Teilnehmerinnen aktuelle frauenpolitische Themen aufgegriffen und sich über die Problemstellungen und den Änderungsbedarf im medizinischen Alltag ausgetauscht.

Von Mag. Christoph Schwalb | med.ium 3+4/2024 | 25.4.2024

Ein breitgefächertes Publikum ist der Einladung des Ärztinnen-Referats zum ersten Vernetzungstreffen in diesem Jahr gefolgt. Über 30 Kolleginnen aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen und Institutionen wie der Universität und der Landessanitätsdirektion sind Ende Februar in der Ärztekammer Salzburg zusammengekommen, um die für sie bedeutenden Themen einzubringen und gemeinsam Ziele und  Vorhaben zu besprechen.

Die Herausforderung bestehe laut Referentin Priv.-Doz. Dr. Waltraud Dankl-Eder darin, Karrierechancen durch Änderungen von Rahmenbedingungen für Frauen zu verbessern und damit dem hohen Frauenanteil in der Medizin gerecht zu werden.

Ein wichtiger Fokus sei zudem die Optimierung der Ausbildung – auch angesichts der laufenden Ausbildungsevaluierung. Im Interesse aller nutzten die Verantwortlichen des Ärztinnen-Referats die Chance, direkt von ihren Kolleginnen zu erfahren, in welchen Bereichen sie Änderungs- bzw. Aufholbedarf sehen.

Einer der großen Vorteile des Ärztinnen- Referates: Die Referentinnen können die erarbeiteten Themen in andere Gremien einbringen. So kommen die Referentinnen dem Auftrag einer zukunftsorientierten
Kammer mit direktem Kontakt zu ihren Mitgliedern nach. 

Das Ärztinnenreferat stellt sich vor: Was wir erreichen und umsetzen wollen

Dr. Emilia Huschka, Referentin für Ärztinnen und für Sexualmedizin:

Im Sommer 2023 wurden Sexismusvorwürfe öffentlich gemacht, die sich in Krankenanstalten in Wien zugetragen haben. Daher war es auch uns ein großes Anliegen, sich mit dieser Thematik auseinander zu setzen.

Als Sexismus bezeichnet werden Einzelphänomene unbewusster oder bewusster Diskriminierung auf der Basis des Geschlechts. Die Grundlage sind sozial geteilte, implizite Geschlechtertheorien bzw. Geschlechtsvorurteile, die von einem ungleichen sozialen Status von Frauen und Männern ausgehen und sich in Geschlechterstereotypen, Affekten und Verhaltensweisen zeigen.

Sexuelle Belästigung als ein konkretes, sexuell bestimmtes Verhalten, das unerwünscht ist und durch welches sich eine Person unwohl und in ihrer Würde verletzt fühlt wie z. B. sexualisierte Bemerkungen und Handlungen oder unerwünschte körperliche Annäherung in Verbindung mit Versprechen von Belohnungen und/oder Androhung von Repressionen zählen ebenfalls dazu.

Sexismus dient als Mittel zur Machtausübung, bei dem Machtgefälle bzw. Abhängigkeitsverhältnisse einseitig sexualisiert und damit aufrechterhalten werden. Es handelt sich hierbei um ein ganz klar strukturelles Problem, das vor allem in stark hierarchisch organisierten Systemen (z. B. Krankenhaus etc.) mit männlichen dominierten Machtverhältnissen vorkommt. Um eine Veränderung zu erzielen, ist es wichtig, Awareness zu  schaffen und Meldestellen einzurichten. Somit können diese Vorfälle bearbeitet und sanktioniert werden.

Hierzu haben wir auf Grundlage einer Befragung eine Liste der Meldestellen in den Krankenhäusern im Land Salzburg erstellt, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen (abrufbar unter
www.aeksbg.at/aerztinnenreferat). 

Hervorzuheben ist hierbei das Klinikum Schwarzach, das aufgrund unserer Anfrage unter der Leitung von Primaria Dr. Anna Rab eigenständig eine solche Meldestelle initiiert und eingerichtet hat.

Wir möchten den Ärztinnen Mut machen, Vorfälle zu melden und dadurch gegen Sexismus und Diskriminierung jeglicher Art vorzugehen.

„Sexismus dient als Mittel zur Machtausübung, bei dem Machtgefälle bzw. Abhängigkeitsverhältnisse einseitig sexualisiert und damit aufrechterhalten werden.“

Priv.-Doz. Dr. Waltraud Dankl-Eder, Referentin für Ärztinnen und für Universitäten:

Im ärztlichen Beruf sind im Angestelltenbereich 55 Prozent mit Frauen besetzt, von den Primariatspositionen jedoch nur 11 Prozent. Um ein tieferes Verständnis der Ursachen für eine solche Dysbalance zu erhalten, beauftragte die Ärztekammer für Salzburg die Universität Salzburg mit einer Studie.

Damit sollten fördernde und hemmende Einflussfaktoren auf Führungskarrieren von Ärztinnen identifiziert und Möglichkeiten aufgezeigt werden, um einen höheren Frauenanteil in Führungspositionen zu erreichen. Daten von mehr als 1.000 Ärztinnen und Ärzten der SALK aus dem Zeitraum 2005 bis 2021 wurden erfasst und Karrierepfade analysiert.

Es zeigte sich, dass eine etablierte Fachkarriere durch Transition von Fachärztin/Facharzt zu Oberärztin/ Oberarzt weniger wahrscheinlich für Frauen als für Männer ist (siehe Abb. 1). Selbst für Frauen in der Position einer Oberärztin ist eine Führungskarriere weniger wahrscheinlich als für Männer. Als negativen Einfluss auf das Erreichen einer Primaria-/Primarposition wurden vor allem die Faktoren Frauen, Teilzeit, jüngeres Alter und das Fach Frauenund Geburtsheilkunde identifiziert. Als positiven Einflussfaktor wurde ein Karrieremuster mit wenigen Unterbrechungen im Berufsleben aber mit vielen Positionswechsel verbunden gefunden.

Arbeitskontexte und Karrieremodelle in Krankenhäuser sind daher zu verändern, will man einen höheren Frauenanteil in Führungspositionen erreichen. Laut Literatur ist die Einführung von Quoten eine effektive Gleichstellungsmaßnahme. Eine gezielte Karriereplanung für Frauen mit Führungsambitionen ist notwendig, um die Chancen auf eine Führungsposition zu erhöhen. Und schließlich braucht es eine gezielte Adressierung der in unserer Gesellschaft vorhandenen unbewussten Bewertungsverzerrungen und des geschlechterdiskriminierenden Umgangs.

„Selbst für Frauen in der Position einer Oberärztin ist eine Führungskarriere weniger wahrscheinlich als für Männer.“

Dr. Ute Neubacher- Kürsten, Referentin für Ärztinnen:

Als ich meinen Beruf als Ärztin aufnahm, waren nur rund 25 Prozent der Salzburger Ärzteschaft weiblich. Seitdem hat sich einiges getan. Anfang 2020 betrug der gesamte Frauenanteil bereits nahezu 45 Prozent, im niedergelassenen Bereich 29 Prozent.

Mit Anfang 2024 sind über 45 Prozent der ordentlichen Mitglieder der Salzburger Ärztekammer Frauen und davon über 38 Prozent Ordinationsinhaberinnen, wobei sich der Anteil der Kassenärztinnen und der Wahlärztinnen beinahe die Waage hält.

In den letzten Jahren wurden einige Neuerungen im niedergelassenen Bereich in Zusammenarbeit mit den Kassen ermöglicht, so gibt es verschiedene Kooperationsmodelle von Gruppenpraxen über Jobsharing bis hin zu Anstellungen von Ärztinnen, die eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen und erleichtern sollen.

Laut Statistik Austria werden in verschiedengeschlechtlichen Paarhaushalten grundsätzlich zwei Drittel der Kinderbetreuung von Frauen geleistet. Daher wird es unsere Aufgabe sein, bestehende Modelle in der Praxis weiter zu entwickeln und neue Möglichkeiten zu schaffen. Auch geht es uns darum, eine gerechte Entlohnung für unsere Tätigkeit zu erhalten.

Es muss sichergestellt werden, dass es aufgrund von Kinderbetreuung und Versorgung zu keinen Einbußen beim Pensionsanspruch für Frauen kommt. Auch Ärztinnen im niedergelassenen Bereich sind Karenzlösungen anzubieten, denn nur so kann die medizinische Versorgung auch in Zukunft gesichert werden.

Als besonders wichtige Aufgabe im Ärztinnen-Referat sehe ich die Vernetzung und Beratung unter Kolleginnen. Es geht um die Festlegung und Umsetzung von frauenpolitischen Inhalten. 

Fazit:

Es war ein erfolgreiches Netzwerken, das bei weiteren Treffen fortgesetzt werden soll. Denn das Ziel ist und bleibt, Frauen in der Medizin zu fördern, um so deren volles Potenzial ausschöpfen zu können.

Kolleginnen, die besondere Anliegen an das Ärztinnen-Referat haben, sind herzlich eingeladen, sich an den Treffen zu beteiligen oder sich direkt an die Referentinnen zu wenden.


Mehr Infos:

www.aeksbg.at/aerztinnenreferat