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Verabreichung von iodhaltigen Röntgenkontrastmitteln beim nüchternen Patienten

Von Dr. Klaus Kubin, Fachgruppenobmann Radiologie

med.ium 9+10/2024 | 9.10.2024

Die Empfehlung, dass Patienten vor intravenöser Kontrastmittelgabe nüchtern sein sollten, stammt aus der Zeit als hoch-osmolare iodhaltige Röntgenkontrastmittel verabreicht wurden, welche häufig zu Erbrechen führten. Eine Nahrungskarenz ist vor Applikation von niedrig-osmolaren nicht-ionischen iodhaltigen Röntgenkontrastmitteln oder von gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln (KM) nicht erforderlich.

Trotzdem werden unsere Patienten angehalten, drei Stunden VOR ihrem Untersuchungstermin bei ausgewählten Untersuchungen (KMUntersuchungen, Untersuchung des Abdomens, Herz-CT u. ä.) keine Nahrung mehr zu sich zu nehmen bzw. nicht zu rauchen.

Sehr späte unerwünschte Wirkungen nach einer KM-Applikation

Definition: Eine unerwünschte Wirkung, die für gewöhnlich frühestens eine Woche nach Kontrastmittelgabe auftritt. Reaktionstypen: Iodhaltige Röntgenkontrastmittel: Thyreotoxikose, Gadoliniumhaltige Kontrastmittel: Nephrogene Systemische Fibrose

Sehr späte unerwünschte Wirkungen auf iodhaltige Röntgenkontrastmittel: Thyreotoxikose

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Risikopatienten

  • Unbehandelter Morbus Basedow (Graves-Krankheit).

  • Struma multinodosa und Schilddrüsenautonomie, besonders bei Älteren und/oder in Iodmangelgebieten.

Keine Risikopatienten  

  • Normale Schilddrüsenfunktion

Empfehlungen

  • Keine Anwendung iodhaltiger Röntgenkontrastmittel bei manifester Hyperthyreose

  • Bei Patienten mit dem Risiko einer Thyreotoxikose kann die TSH-Bestimmung sinnvoll sein.

  • Bei ausgewählten Hochrisikopatienten kann eine Prophylaxe durch einen Endokrinologen durchgeführt werden.

  • Risikopatienten sollten nach Röntgenkontrastmittelinjektion engmaschig von einem Endokrinologen überwacht werden.

  • Intravenöse cholangiographische Röntgenkontrastmittel sollten bei Risikopatienten nicht verabreicht werden.

Sehr späte unerwünschte Wirkungen auf gadoliuniumhaltige Kontrastmittel: Nephrogene Systemische Fibrose (NSF)

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Diagnose

  • Die Diagnose Nephrogene Systemische Fibrose (NSF) sollte nur gestellt werden, wenn die klinischen und histopathologischen Kriterien des Yale NSF Registers zutreffen (J Am Acad Dermatol 2011; 65:1095-1106). Ein möglicher Zusammenhang zwischen einer Nephrogenen Systemischen Fibrose und gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln wurde 2006 hergestellt.

Klinisches Erscheinungsbild

  • Beginn: Vom Tag der Kontrastmittelgabe bis 2 – 3 Monate danach. Manchmal auch erst Jahre nach der Exposition.

  • Erste Symptome: Schmerzen, Juckreiz, Schwellung und Erythem der Haut. Normalerweise an den Beinen beginnend.

  • Spätere Symptome: Fibrotisch verdickte Haut und subkutanes Gewebe sowie Kontrakturen an den Extremitäten können auftreten. Fibrosierung innerer Organe, z. B. Muskulatur, Zwerchfell, Herz,  Leber, Lungen, kann ebenfalls auftreten. Eine ausgeprägte Beteiligung innerer Organe kann zum Tode führen.