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Porträt Jungärzte: Radiopharmazie

Der Radiopharmazeut Dr. Anton Amadeus Hörmann erzählt aus seinem Berufsalltag in der Salzburger Uniklinik für Nuklearmedizin und Endokrinologie.

Radiopharmazeut Dr. Anton Hörmann (rechts) mit seinem Team. Foto: SALK

Von Mag. Christoph Schwalb | med.ium 9+10/2024 | 9.10.2024 | Fotos: SALK

Die Neugier während seines Pharmaziestudiums in Innsbruck hat den Jungmediziner Dr. Anton Amadeus Hörmann zur Radiopharmazie gebracht. Der im benachbarten Bayern in Traunstein geborene und in Reit in Winkl aufgewachsene Radiopharmazeut ist seit Februar in der Salzburger Uniklinik für Nuklearmedizin und Endokrinologie tätig. Er kennt die Stadt Salzburg seit seiner Kindheit, dass er dort einmal arbeiten würde, daran habe er nie gedacht: „Es ist schön zu sehen, wie sich berufliche und private Wege (nicht nur wegen meines Namens) manchmal unerwartet, aber glücklich kreuzen.“

Da ihm vor allem das Wohl der Patientinnen und Patienten am Herzen liege, habe er sich entschieden, in der klinischen Routine Fuß zu fassen. Als Radiopharmazeut sorgt er in der Uniklinik für die Herstellung, Qualitätskontrolle und Freigabe der Radiopharmaka und ist für den Reinraumzustand verantwortlich. „Da ich all diese Tests und Qualitätskontrollen selbst durchführe und etabliert habe, werden auch die Kosten für die Klinik drastisch reduziert“, so Dr. Hörmann.

Mit einem Radionuklidgenerator erzeugt er dort radioaktive Isotope zur Behandlung der Patienten, etwa bei Prostatakarzinomen. „Vereinfacht gesagt werden die Isotope bei uns mit Vorläufersubstanzen unmittelbar vor der Anwendung am Patienten chemisch kombiniert und sehr zeitnah verabreicht“, veranschaulicht Dr. Hörmann, der auch Vorlesungen über Radiopharmazie an der Fachhochschule und an der PMU Salzburg hält.

„Wir verabreichen den Patienten so geringe Mengen der Substanz, dass sie keine pharmakologische Wirkung im Körper auslösen, aber dennoch genügend Radioaktivität enthalten, um den Ort der Substanz sichtbar zu machen oder zu therapieren. Dieses Prinzip wird auch Tracer Prinzip genannt“, erklärt er.

Das Strahlenrisiko für die Patienten hänge laut Hörmann von der Energie, ihrer Halbwertszeit und insbesondere der Menge der Radioaktivität ab: „Eine PET/CT-Untersuchung [Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie; Red.] ist hinsichtlich der Strahlenbelastung in etwa mit einer diagnostischen Ganzkörper-CT-Untersuchung vergleichbar.“

Im Reinraum kombinieren er und sein Team die radioaktiven Isotope mit anderen chemischen Verbindungen – zum Schutz mit Dosimeter an Körper und Fingern. Mit Kits gelingt eine einfache Herstellung, spezielle kassettenbasierte Synthesemodule sind komplexer, erlauben aber die Etablierung neuer Radiopharmaka.

Ebenfalls sehr wichtig zu beachten ist die kurze Halbwertszeit vieler radioaktiver Isotope und Arzneimittel. Das macht den Herstellungs- und Anwendungsprozess sehr zeitkritisch, so dass Radiopharmaka oft binnen weniger Minuten nach der Herstellung appliziert werden müssen, um ihre Wirkung sicherzustellen. Das erfordert eine genaue Planung und enge Kooperation zwischen den verschiedenen Berufsgruppen. „Wir sind aber ein perfekt eingespieltes Team, daher kommt es so gut wie nie zu Zeitverzögerungen, und jeder Patient bekommt zu seinem Termin das Radiopharmakon“, so Dr. Hörmann.

Personalisierte Medizin

So gelingt dem jungen Mediziner, den Ärztinnen und Ärzten mit einem neuen Radiopharmakon ein Medikament zu geben, das unklare Fragestellungen beantworten hilft. Für die Patienten hat das den Vorteil, Therapien viel gezielter einzusetzen und die Heilungschancen zu steigern.

Der Radiopharmazeut sieht darin ein rasch wachsendes Fachgebiet, in Zukunft Radiopharmaka noch individueller auf die molekularen Eigenschaften eines Patienten abstimmen zu können.

Gezieltere Diagnosen, effektivere Therapien, weniger Nebenwirkungen. Dr. Hörmann ist überzeugt, dass die Radiopharmazie so nicht nur das Gesundheitssystem entlasten kann, sondern auch unnötige Untersuchungen und Therapien obsolet werden lässt.

Interview

Dr. Anton Amadeus Hörmann, Radiopharmazeut Uniklinik Salzburg

med.ium: Was erhoffen Sie sich von Ihrem Wirken als Radiopharmazeut am Uniklinikum Salzburg?

Dr. Hörmann: Die Radiopharmazie ist ein faszinierendes und hochspezialisiertes Gebiet der Pharmazie an der Schnittstelle von Chemie, Physik und Medizin. Wir nutzen die Kraft der Radioaktivität, um innovative diagnostische Radiopharmaka und zielgerichtete Therapien herzustellen, die das Leben von Patienten positiv verändern können.

Als erster Radiopharmazeut in Salzburg hoffe ich, mit meiner Arbeit einen Beitrag zur Verbesserung der Patientenversorgung und zur Weiterentwicklung der medizinischen Forschung am Uniklinikum Salzburg leisten zu können. Was bedeutet das konkret?

Mit meinem Fachwissen möchte ich dazu beitragen, neue und verbesserte Radiopharmaka zu etablieren, die eine präzisere Diagnose und eine effektivere Therapie verschiedener Erkrankungen ermöglichen. Dies soll letztlich dazu führen, dass Patienten von effektiveren und sichereren Behandlungen profitieren können. Ein besonderer Schwerpunkt meiner Arbeit ist die kontinuierliche Überwachung und Verbesserung der Produktionsprozesse zur Gewährleistung einer gleichbleibend hohen Qualität und Sicherheit der Präparate.

Hinter jedem Radiopharmakon steht allerdings nicht nur der Radiopharmazeut, sondern ein Team von hochqualifizierten Radiologietechnologinnen und -technologen, Ärztinnen und Ärzten, einem Medizinphysiker sowie biomedizinischen Analytikerinnen. Wir ergänzen uns mit unserem Wissen in Chemie, Physik und Pharmazie, um diese einzigartigen Arzneimittel sicher herzustellen und zu handhaben.

Insgesamt erhoffe ich mir von der Arbeit als Radiopharmazeut am Uniklinikum Salzburg, dass ich die Qualität der Patientenversorgung wesentlich beeinflussen kann.

med.ium: Was erwarten Sie ganz allgemein von der Radiopharmazie in Zukunft (Fortschritte, etc.)?

Dr. Hörmann: Nuklearmedizin und Radiopharmazie sind zukunftsweisend in der Theranostik, der Kombination von Therapie und Diagnostik. Man kann sich das so vorstellen, dass ein Molekül zunächst mit diagnostischen Radionukliden wie Gallium-68 markiert wird, um mittels PET/CT festzustellen, ob eine bestimmte Zielstruktur im Körper vorhanden ist. Ist dies der Fall, kann dasselbe Molekül mit einem therapeutischen Radionuklid wie Lutetium-177 markiert werden, um die Zielstruktur zu zerstören. Die Erfolgsgeschichten der PSMA-Liganden (prostata-spezifisches Membranantigen) zur Behandlung des Prostatakarzinoms oder der radioaktiv markierten Somatostatin-Analoga bei neuroendokrinen Tumoren zeigen deutlich, welche Bedeutung der radiopharmazeutischen Forschung heute zukommt.

Meine Erwartung für die Zukunft ist die weitere Verfeinerung solcher Therapieansätze, damit sie noch spezifischer und effektiver werden. So könnten personalisierte Therapien entwickelt werden, die genau auf die molekularen Eigenschaften des Tumors oder der Erkrankung eines Patienten abgestimmt sind. Dies hätte nicht nur eine Steigerung der Wirksamkeit der Behandlung, sondern auch eine Minimierung des Risikos von Nebenwirkungen zur Folge.

Neue Moleküle, die spezifisch an einen Rezeptor, einen bestimmten Transporter oder ein anderes Zielmolekül binden, werden laufend an Universitäten und Forschungszentren entwickelt. Insgesamt wird die personalisierte Medizin durch Fortschritte in der Radiopharmazie zu einer deutlichen Verbesserung der Patientenversorgung führen. Noch ist die Behandlung mit therapeutischen Radionukliden für manche Patienten die letzte verfügbare Therapie. Das könnte sich jedoch in Zukunft ändern. Ob der frühere Einsatz dieser Therapien vor z.B. Chemotherapie einen Nutzen für die Patienten bringt, muss sich jedoch erst in Studien beweisen.

Die weitere Grundlagenforschung wird dabei eine zentrale Rolle spielen, um neue, noch präzisere und effizientere Radiopharmaka für die Herausforderungen der modernen Medizin zu entwickeln. Zunehmend an Bedeutung gewinnt auch der Einsatz neuer Radionuklide, insbesondere von Radionukliden, die Alphateilchen (Heliumionen) emittieren, wie z.B. Actinium-225, die deutlich wirksamer sind und gleichzeitig Schäden in benachbarten gesunden Zellen reduzieren können.

med.ium: Was ist die Spezialität Ihres Fachbereiches?

Dr. Hörmann: Die Arbeit des Radiopharmazeuten hat mit dem Alltag in einer öffentlichen Apotheke nur sehr wenig gemeinsam. Wir lagern keine fertigen Arzneimittel, sondern stellen diese jeden Tag unmittelbar vor Verabreichung selbst im Reinraum der Universitätsklinik für Nuklearmedizin und Endokrinologie her. Die Wirkstoffe radioaktiver Arzneimittel bestehen in den meisten Fällen aus zwei Komponenten. Zum einen die Trägersubstanz, die an einer bestimmten Stelle im Körper binden soll, und zum anderen das Radionuklid, das mit der Trägersubstanz einen Komplex bildet und so die Lokalisierung im Körper oder die Behandlung ermöglicht. Da wir mit viel Radioaktivität arbeiten, können wir die Substanzen nicht wie beispielsweise bei Zytostatika direkt kombinieren, sondern müssen uns selbst vor der Radioaktivität schützen. Hier kommen zum einen Wände und Abschirmungen aus Blei mit einer Dicke von bis zu 5 cm zum Einsatz und zum anderen verwenden wir sogenannte Kits, die in kleinen sterilen Fläschchen bereits alle notwendigen Komponenten wie Träger, Hilfsstoffe und Puffer für den richtigen pH-Wert bei der Markierung mit den radioaktiven Metallionen enthalten und fügen am Ende die Aktivität hinzu. Bei einigen Präparaten muss dann zusätzlich noch erhitzt werden. Sind solche Kits zur Herstellung von Radiopharmaka nicht verfügbar muss auf kassettenbasierte, automatisierte Synthesemodule zurückgegriffen werden, die den Flüssigkeitstransfer aller gelösten Substanzen für uns übernehmen. Der Vorteil dieser Module ist die hohe Flexibilität. Wir können damit diagnostische als auch therapeutische Radiopharmaka herstellen. Um am Ende ein anwendungsreifes Radiopharmakon zu erhalten, sind zahlreiche Tests, Validierungen und Schritte notwendig. Radiopharmaka sind Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes und unterliegen damit bestimmten Auflagen in Bezug auf die Qualität. Nach der Synthese werden die Radiopharmaka einer Prüfung unterzogen, bei der die Qualität der Radiopharmaka kontrolliert wird. Jede Charge von Radiopharmazeutika wird sorgfältig auf Reinheit und Radioaktivität geprüft, um die Sicherheit und Wirksamkeit für den Patienten zu gewährleisten.

Neben dem klinischen Patientenbetrieb hat schon wie erwähnt die Forschung einen großen Stellenwert. Als Pharmazeut bin ich nicht nur für die Bereitstellung der Radiopharmaka verantwortlich, sondern durch mein Doktorratsstudium auch Wissenschaftler. Eine enge Zusammenarbeit mit der Paracelsus Medizinischen Universität wurde bereits initiiert und könnte auf mehreren Ebenen wertvolle Synergien schaffen. Gemeinsam zu forschen und den wissenschaftlichen Austausch zwischen Universität und Klinik zu fördern, erleichtert den direkten Transfer neuer Erkenntnisse in die klinische Praxis. Klinische Studien, die im Rahmen einer solchen Partnerschaft durchgeführt werden, können den Patienten unmittelbar zugutekommen. Darüber hinaus wird so auch der wissenschaftliche Nachwuchs in der Radiopharmazie gefördert. Die ersten Bachelor- und Masterarbeiten sind bereits für das kommende Jahr geplant. Die Einrichtung eines Doktorandenprogramms wäre ein weiterer wichtiger Schritt, nicht nur zur weiteren Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, sondern auch zur deutlichen Erweiterung des Wissensstandes und der Forschungskapazitäten in diesem Bereich. Ich hoffe, dass es uns gelingt, die Studierenden für das Fach Nuklearmedizin und vor allem für die Radiopharmazie zu begeistern.

med.ium: Welche persönlichen Erfolge oder Erlebnisse mit PatientInnen oder KollegInnen haben Sie bereits gemacht?

Dr. Hörmann: Als ich letztes Jahr noch in Innsbruck gearbeitet habe und nur einmal pro Woche nach Salzburg gependelt bin, wurde ich im wahrsten Sinne des Wortes mit offenen Armen empfangen. Das gesamte Team in Salzburg war von Anfang an unglaublich freundlich und hilfsbereit, was mir den Einstieg und die Integration in das neue Umfeld enorm erleichtert hat. Ich wurde sogar zu einem Betriebsausflug am Wochenende ins schöne Südtirol eingeladen, bei dem das Team noch mehr zusammengewachsen ist. Solche Erlebnisse sind heutzutage leider sehr selten, daher hier noch einmal ein Dankeschön meinerseits an unseren Vorstand Prof. Dr. Christian Pirich.

Ein bemerkenswerter Erfolg, den ich in meiner Anfangszeit erleben durfte, war die enge Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen bei der Einführung eines neuen Radiopharmakons. Den ersten Patientinnen und Patienten konnten wir das neue Radiopharmakon erfolgreich verabreichen, was den Ärzten eine eindeutige Diagnose ermöglichte. Die Folge war eine Anpassung der Therapie an die neu gestellte Diangose. Zur Verlaufskontrolle setzen wir das Medikament weiterhin ein.

med.ium: Wie sieht ein klassischer Arbeitstag bei Ihnen im Uniklinikum Salzburg aus?

Dr. Hörmann: Der Arbeitsalltag eines Radiopharmazeuten kann unvorhersehbar sein und erfordert oft schnelle Reaktionen auf unerwartete Situationen. Als verantwortliche Person in der Herstellung und Qualitätskontrolle muss ich schnell auf Fragen des Reinraum-Teams reagieren können, damit die Radiopharmaka zeitgerecht für den Patienten fertig sind. Wir arbeiten den ganzen Tag gegen die Zeit, da unsere Radiopharmaka eine sehr kurze „Haltbarkeit“ haben. Nach ein paar Stunden können sie dem Patienten nicht mehr verabreicht werden, weil wir nicht mehr in der Lage sind, sie zu detektieren. Eine der größten Herausforderungen ist daher die zeitliche Koordination. Das Timing aller Beteiligten ist entscheidend. Gleichzeitig erfordert die Arbeit mit radioaktiven Stoffen ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein und die strikte Einhaltung von Sicherheitsvorschriften. Voraussetzung für die Etablierung neuer Radiopharmaka in der Klinik ist die Validierung der Synthese im Reinraum und die Qualitätskontrolle des Endprodukts. Dazu müssen entsprechende Validierungsberichte erstellt werden. Erst wenn alle Prozesse den Anforderungen entsprechen, darf das Radiopharmakon erstmals in der klinischen Routine am Patienten eingesetzt werden. Auch die Schulung des Reinraumpersonals fällt in meinen Aufgabenbereich. Ich bin dafür verantwortlich, dass jeder Mitarbeiter die vorgegebenen Abläufe einhält. Deshalb gehören neben der aktiven Arbeit im Reinraum und Labor auch die Dokumentation aller Prozesse und die Erstellung von Verfahrensanweisungen zu meinen Hauptaufgaben. Überwacht und bestätigt wird dies durch unser Qualitätsmanagementsystem und die Zertifizierung nach ISO 9001 mit internen und externen Audits unserer Abteilung.

med.ium: Worauf muss man beim Arbeiten im Reinraum und schon davor beachten?

Dr. Hörmann: Wie das Wort „Rein-Raum“ schon sagt, handelt es sich um einen überwachten Raum, der bestimmte Qualitätsmerkmale aufweisen muss. Dazu gehören die Überwachung des Luftdrucks, der Partikelmenge, der Raumtemperatur und der mikrobiologischen Belastung.

Eine große Herausforderung ist die strikte Einhaltung der Reinraumbedingungen zur Vermeidung von Kontaminationen bei der Arbeit im Reinraum. Wir stellen im Reinraum Radiopharmaka für die intravenöse Applikation her und müssen daher steril, klar und frei von Partikeln sein. Dies erfordert nicht nur eine sorgfältige Reinigung und Desinfektion, sondern auch ein diszipliniertes Verhalten des gesamten Personals. Auch die Hygiene spielt eine wichtige Rolle. Vor dem Betreten des Reinraums müssen die Hände gründlich gewaschen und desinfiziert werden. Darüber hinaus ist das Tragen von geeigneter Reinraumkleidung und -ausrüstung, wie z. B. spezielle faserfreie Overalls, Haarnetze, Mundschutz und Handschuhe, erforderlich, um Kontaminationen zu vermeiden. Um zu verhindern, dass unbefugte Personen den Reinraum betreten, ist der gesamte Bereich auch aus Strahlenschutzgründen zugangsbeschränkt.

Überflüssige Bewegungen sollten vermieden werden, um die Luftzirkulation nicht zu stören und Kontaminationen zu verhindern.  Um die Anzahl möglicher Kontaminationsquellen zu minimieren, ist auch ein sauberer und organisierter Arbeitsplatz wichtig. Nur erforderliche Materialien sollten verwendet werden. Außerdem sollten persönliche Gegenstände und Schmuck in der Reinraumschleuse verbleiben.

Bevor wir unsere Radiopharmaka im Reinraum herstellen, lagern wir die benötigten Rohstoffe in speziellen Lagerbereichen. Über Materialschleusen gelangen sie dann desinfiziert in den Reinraum. Vor ihrer Verwendung werden sie sorgfältig auf Qualität und Reinheit geprüft, dokumentiert und freigegeben. Für die Synthese erforderlichen radioaktiven Isotope erhalten wir mittels einem Radionuklidgenerator oder werden von uns bestellt und angeliefert. Der Umgang mit radioaktiven Isotopen ist anspruchsvoll, da diese ionisierende Strahlung unsichtbar ist. Wir produzieren im Reinraum mit einer Synthese bis zu fünf Patientendosen und arbeiten mit hohen Aktivitäten. Daher ist es entscheidend, die Strahlenbelastung für das Personal auf ein Minimum zu reduzieren. Dies erfordert spezielle Abschirmungen und strenge Sicherheitsprotokolle, um die Sicherheit des Personals zu gewährleisten. Wir tragen am Körper und an den Fingern Dosimeter, die jeden Monat ausgewertet werden. Durch all diese Maßnahmen wurden bei uns noch nie die gesetzlichen Dosisgrenzwerte überschritten.

med.ium: Kommen Ärztinnen oder Ärzte mit Zusammenstellungswünschen hinsichtlich der Präparate auch auf Sie zu?

Dr. Hörmann: Ich arbeite eng mit unseren Ärztinnen und Ärzten zusammen. Um individuellere oder präzisere diagnostische und therapeutische Lösungen für die PatientInnen zu finden, tauschen wir uns laufend über neue Möglichkeiten wie spezielle Markierungen oder neue Radiopharmaka aus. Diese enge Zusammenarbeit ist entscheidend, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.

med.ium: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit älteren KollegInnen aus Ihrem Fachbereich?

Dr. Hörmann: Die Zusammenarbeit mit älteren KollegInnen, aber auch mit jungen NachwuchswissenschaftlerInnen auf dem Gebiet der Nuklearmedizin und Radiopharmazie ist geprägt von einem intensiven Wissens- und Erfahrungsaustausch, der über verschiedene Plattformen und Kongresse stattfindet. Ein Beispiel hierfür ist die Gesellschaft für Radiopharmazeutische Wissenschaften (GRPW e.V.) und der Arbeitsgemeinschaft für Radiochemie und Radiopharmazie (AGRR), deren Ziel die Förderung der Radiopharmazie und Radiochemie mit ihrer Forschung und praktischen Anwendung in der Klinik ist. Erst letzte Woche fand in Mannheim die 30. Tagung der AGRR statt. Seit 1992 ist die AGRR eine tragende Säule und eine wichtige Institution der Radiochemie und Radiopharmazie in den deutschsprachigen Ländern. Ältere KollegInnen fördern den Austausch zwischen den Generationen und ermutigen junge WissenschaftlerInnen, ihre Arbeiten zu präsentieren. Die für diesen Kongress eingereichten Abstracts werden von einem ebenfalls jungen wissenschaftlichen Komitee begutachtet, das sich aus einem Vertreter der Schweiz und zwei Vertretern Deutschlands zusammensetzt. Österreich ist durch mich vertreten. Auf dem Kongress bewerten wir dann zusätzlich die Vorträge und küren aus allen jungen Wissenschaftlern insgesamt drei Gewinner. Eine weitere Plattform ist die Österreichische Gesellschaft für Nuklearmedizin & Theranostik (OGNT), in der es auch die AG Radiopharmaka gibt, in der ich ebenfalls Mitglied bin. Wir beraten uns gegenseitig über die Herstellung und Qualitätskontrolle von Radiopharmazeutika und geben auch Positionspapiere und Leitlinien zu Standards für die Herstellung, Qualitätskontrolle und Anwendung von Radiopharmazeutika im klinischen Umfeld heraus. Aber da es sich bei der Radiopharmazie um einen eher kleinen Bereich handelt, kennt man sich ohnehin untereinander.