Von Dr. Johannes Barth | med.ium 5+6/2024 | 17.6.2024
1. Ab wann kann die neue Facharztbezeichnung „Facharzt/Fachärztin für Allgemein- und Familienmedizin“ beantragt werden?
Ab 1.1.2025 kann die neue Facharztbezeichnung bei der ÖÄK (voraussichtlich über die Landesärztekammer) beantragt werden. Die ÖÄK hat dann das Vorliegen der Voraussetzungen im Rahmen eines Verfahrens zu prüfen. Details zum Verfahren liegen derzeit noch nicht vor. Wir informieren rechtzeitig mittels Rundschreiben und auf unserer Webseite.
2. Was sind die wesentlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Facharztbezeichnung „Facharzt/Fachärztin für Allgemein- und Familienmedizin“?
3. Was wird unter Berufserfahrung im Bereich der Grundversorgung (Primärversorgung) verstanden?
Allgemeinmedizinische Tätigkeit (Krankheitserkennung und Krankenbehandlung) in Einrichtungen der medizinischen Erstversorgung (Grundversorgung) wie in Einzelordinationen, Gruppenpraxen (GP), PVE (als niedergelassene/r Ärztin/Arzt, GP-Partner, Angestellter, Vertreter). Aber auch eine allgemeinmedizinische Tätigkeit in Ambulanzen und Stationen von allgemeinen, grundversorgungsrelevanten Krankenanstalten. Weiters können auch absolvierte AM-Ausbildungszeiten von TurnusärztInnen angerechnet werden.
Der Bundesminister für Gesundheit kann zur Frage der Beurteilung der Grundversorgung konkretere Regelungen durch Verordnung erlassen. Es bleibt daher abzuwarten, welche weiteren Sachverhalte llenfalls erfasst werden.
4. Sollten die Bedingungen der Berufserfahrung in der Primärversorgung nicht gegeben sein, kann ich die neueFacharztbezeichnung auch auf einem anderen Weg erlangen?
Alternativ kann die fachärztliche Prüfung für das Sonderfach Allgemein- und Familienmedizin absolviert werden, um die neue Facharztbezeichnung zu erlangen. Die Facharztprüfung kann spätestens ab 1.6.2027 absolviert werden, möglicherweise wird auch ein früherer Termin angeboten werden.
5. Falls ich die neue Facharztbezeichnung nicht erwerben kann oder will, bleibt dann meine Berufsberechtigung als Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin aufrecht?
JA, wer die neue Facharztbezeichnung nicht erwerben kann oder will, behält die bisherige Berufsberechtigung als Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin weiter und führt somit weiterhin die Berufsbezeichnung „Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin“. Es ist aus heutiger Sicht nicht beabsichtigt, die bestehende Berufsberechtigung als Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin in irgendeiner Form zu befristen.
6. Kann eine bis zum 31.5.2026 begonnene Ausbildung zur Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin noch nach der bisherigen Ausbildungsordnung abgeschlossen werden?
Ja, es besteht die Wahlmöglichkeit, alle vor dem 1. Juni 2026 begonnenen Ausbildungen entweder nach dem bisher geltenden Recht abzuschließen oder ab dem 1. Juni 2026 in die neue fachärztliche Ausbildung überzutreten. Nähere Informationen zum Verfahren zwecks Übertrittes werden noch folgen.
7. Ich bin Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin. Darf ich weiterhin als Ausbildungsverantwortliche/r in einer Ausbildungsstätte tätig sein?
Ja, Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin bleiben bis längstens 31. Mai 2030 berechtigt, die Ausbildungstätigkeit als Fachärztin/Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin auszuüben.
8. Ich habe derzeit eine Bewilligung als Lehrpraxis (LGP) für Allgemeinmedizin. Wie lange bleibt diese aufrecht? Muss ich eine neue Bewilligung beantragen?
Die bisherigen Bewilligungen als Lehrpraxis (LGP) für Allgemeinmedizin bleiben (auch für die neue Ausbildung) noch bis zum 31.5.2029 aufrecht, sofern bis 31.5.2027 eine neue Anerkennung beantragt worden ist. Das bedeutet, dass alle bisherigen Ausbildungsstätten einschließlich Lehrpraxen für die neue Facharztausbildung neu ansuchen und bewilligt werden müssen.
9. Ich habe das deutsche Facharztdiplom für Allgemeinmedizin. Wird dieses für die neue österreichische Facharztbezeichnung automatisch angerechnet?
Wir gehen davon aus, dass ab 1.1.2025 der deutsche Facharzttitel Allgemeinmedizin auf Basis der EU-Anerkennungsrichtlinie(EU-RL 2005/36/EG) zu Arztdiplomen automatisch anerkannt werden kann und daher auch keine weiteren Nachweise erforderlich sein werden. Details zur Vorgangsweise hat die ÖÄK noch festzulegen.
„Da seit den 1990er Jahren in Österreich für die Anerkennung der Allgemeinmedizin als selbstständiges Fach gerungen wurde und dabei oft emotionale Tiefs mitzuerleben waren, ist die nunmehrige Gesetzesgrundlage für den Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin Anlass für wirkliche Freude. Wie oft haben wir gedacht, dass mit beharrlicher wissenschaftlicher Argumentation das Ziel realistisch nahe wäre, um dann doch an oft abstruser Geringschätzung oder schlichter Reformunwilligkeit zu scheitern. Somit ist hier zuerst allen Kolleginnen und Kollegen zu danken, die immer an das Fach geglaubt und es mit vorbildhafter Umsetzung hochgehalten haben. Durch diesen unbeirrbaren Mut ist es auch gelungen, immer wieder hochengagierten Nachwuchs für unser Fach zu gewinnen und Allgemeinmedizin als eine der zufriedenstellendsten Disziplinen im medizinischen Fächerkanon zu erkennen. Aber auch auf politischer Seite haben uns manche letztendlich entscheidend unterstützt, wohl auch im Wissen, dass effiziente Hausarztmedizin die tragende Säule für eine funktionierende Gesundheitsversorgung ist.“
„Die Einführung des Facharztes für Allgemeinmedizin ist einerseits eine Anerkennung und Würdigung der Arbeit, welche Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin in der Versorgung der Bevölkerung leisten und andererseits ein Arbeitsauftrag für die Zukunft. Es gilt nun, die Allgemeinmedizin als zentrales Element in der Primärversorgung zu festigen und durch Ergebnisse aus der Forschung weiterzuentwickeln.“
www.aeksbg.at/facharzt-fuer-allgemeinmedizin
Dr. Johannes Barth
Telefon +43 662 871327-116
barth[at]aeksbg.at und
Frau Mag. Straif
Telefon +43 0662 871327-146
straif[at]aeksbg.at