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Flugmedizin stark im Aufwind

In der EU gibt es neue Vorgaben, Wege und Methoden für die Ausbildung der Flugmediziner.

Dr. Thomas Drekonja, Leiter des Aeromedical Center Salzburg, Mag. Christoph Schwalb | med.ium 3+4/2025

Das Aeromedical Center in Salzburg hat nun erstmalig in der Geschichte der Flugmedizin in Österreich einen solchen Basiskurs für Ärzte angeboten, die künftig in dem Fachbereich tätig werden wollen. Der Kurs lief nach neuesten EU-Richtlinien, dadurch wird die Ausbildung in der gesamten EU vereinheitlicht. 

Dieser erste Basiskurs war nur im Zusammenspiel und mit Unterstützung der Abteilung Air Crew bei der staatlichen Flugbehörde Austro Control möglich. Der Lehrgang stieß auf reges internationales Interesse. Insgesamt 30 Teilnehmer kamen aus mehreren Staaten Europas (Österreich, Dänemark, Deutschland, Schweden, Schweiz, Luxemburg, Zypern) sowie aus dem Irak, Thailand und USA. Es war eine so genannte
Hybridveranstaltung, deren Lehrstoffe in englischer Sprache vermittelt wurden. 

Start war ein Online-Kurs, bei dem am 28. und 29. September 2024 die Grundlagen der Flugmedizin unterrichtet wurden.

Dazu gehören Geschichte der Flugmedizin, Flugphysiologie, Aerodynamik, Physik der Atmosphäre sowie Einführung in die flugmedizinischen Verordnungen und Regularien der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO und der Europäischen Agentur für Flugsicherheit EASA. Vortragende waren Fachärzte, Piloten, Forscher der NASA und Behördenvertreter. 

Schönster Vorlesungssaal für Flugmediziner 

Nach dem Online-Kurs begann das analoge Ausbildungsprogramm am 13. Oktober auf dem Salzburg Airport – mit Anwesenheitspflicht. Es lief bis 17. Oktober und unterrichtet wurde im Hörsaal des Flughafens. Dieser einzigartige Raum bietet einen wunderbaren Blick auf Vorfeld, Rollwege, Start und Landebahn sowie die legendären Hangars 7 und 8 der Flying Bulls mit ihrem international bekannten Flugzeugmuseum. Dahinter runden die Festung Hohensalzburg und der Gaisberg das für viele unvergessliche Panorama ab. Blicke aus diesen Fenstern sind ein zusätzlicher Schub bei der Motivation.

In spannenden Vorträgen wurden die einzelnen Abschnitte der Regularien vorgestellt. Fachbereiche: Kardiologie, Lungenheilkunde, Neurologie, Psychiatrie, Augenheilkunde, Chirurgie, Orthopädie, Onkologie, Hämatologie, Psychologie, Gynäkologie, Innere Medizin, Endokrinologie, Urologie und Otorhinolaryngologie. Piloten, Flugbegleiter und Experten aus anderen Fachgebieten der Luftfahrt beleuchteten Anforderungen aus der Praxis. 

Dazu kam ein eigenes Flugprogramm, das die privaten Salzburger Fliegerclubs betreuten, die auf dem Airport stationiert sind: Der Österreichische Sportflieger Club (ÖSC) und der Luftsportverband Salzburg (LSV) gestalteten diesen Flight Experience Day. Die Kursteilnehmer wurden von Fluglehrern in die Flugvorbereitung sowie in die Flugpraxis mit Start und Landung eingewiesen. Danach ging es für die künftigen Flugmediziner an Bord der Club-Maschinen in luftige Höhen. Mögliche Flugängste wichen rasch der unbeschreiblichen Schönheit und den Eindrücken beim Fliegen. Die Stadt Salzburg, Seen des Alpenvorlandes und die Hochgebirge im Süden des Flughafens hinterließen unvergessliche Eindrücke. 

Ein weiterer Tag war einem Airbus A319 von Eurowings gewidmet, der auf dem Salzburg Airport stationiert ist. Die künftigen Flugmediziner dürften ihn von allen Seiten, innen und außen genau unter die Lupe nehmen. Der Base Captain der Salzburger Eurowings-Flotte stand mit seiner Crew zur Verfügung und gewährte Einblicke hinter die Kulissen der Verkehrsfliegerei. 

Flughistorisches Edelmetall stellten dann die Piloten und Techniker der Flying Bulls in den Hangars 7 und 8 aus nächster Nähe vor. Diese Tempel sind Heimatbasis zahlreicher historischer Flugzeuge, allesamt voll flugtauglich und immer wieder international auf großen Flugshows im Einsatz. Die Maschinen der Flying Bulls sind weit über die Grenzen Österreichs und Europas hinaus bekannt.

Das Kursprogramm wurde mit einem Assessment of Aeromedical Competency Test abgeschlossen – der entsprechenden Abschlussprüfung. Es folgten die feierliche Übergabe der Diplome und eine würdige Feier auf der Dachterrasse des Salzburger Flughafens.

Standards der Ausbildung nun international vereinheitlicht

Neben der Fliegerei ist auch die Flugmedizin permanent dem Wandel der Zeit und dauernder Modernisierung unterworfen. Seit Einführung der EU-Verordnung 1178/2011 sind die Anforderungen viel genauer präzisiert. Die Ausbildungsinhalte wurden konkret in dieser Verordnung verankert. Durch diesen Schritt wurden die Standards der Flugmedizin im EASA-Raum vereinheitlicht. Unter den vorangegangenen JAR Regularien erfolgte die Umsetzung nach den Vorgaben der nationalen Behörden. 

Das Durchschnittsalter der Männer und Frauen im Fachbereich Flugmedizin entspricht laut Statistiken oft dem der Fluglehrer. Es liegt also hoch. Mit steigenden behördlichen Anforderungen an beide Bereiche ist es nicht immer einfach, genügend Nachwuchsleute zu finden und auszubilden. Zudem stehen in den nächsten Jahren viele weitere Pensionierungen bevor.

Die Flugmedizin ist ein sehr spannendes Fachgebiet. Es umfasst Sicherheit im Flugbetrieb, Prävention, Arbeits-, Umwelt- und klinische Medizin sowie Physiologie und Psychologie von Piloten, Kabinenpersonal und Fluglotsen. Flugmediziner überprüfen auch die physische und psychische Gesundheit der Arbeitskräfte. Bei jeder Untersuchung wird die Flugtauglichkeit beurteilt und entsprechend zertifiziert. International werden Flugmediziner als Aeromedical Examiners (AME) bezeichnet. 

Für diesen Berufsweg müssen Ärzte neben abgeschlossenem Studium und einer Anerkennung als Facharzt (in Österreich Notfallmedizin, Intensivmedizin, Innere Medizin oder Allgemeinmedizin) zunächst einen Basiskurs absolvieren. Diese Grundausbildung in Flugmedizin ist in der EU VO 1178/2011Subpart MED.D020, AMC1MED.D020, und GM1 MED.D.020 mit einem Curriculum von 60 Stunden verankert. 

Nur wenige Institutionen in Europa bieten flugmedizinische Lehrgänge an. Die früher sehr bewährten Kurse am King‘s College in London werden seit dem Brexit im EASA-Raum nicht mehr anerkannt. Bewerber müssen im übrigen Europa zum Teil mehrere Jahre auf Ausbildungsplätze warten. Wegen der zunehmenden Überalterung aller gesellschaftlichen Bereiche muss nun dringend gehandelt werden.

Wingmanship

Gegenseitige Unterstützung und Rücksichtnahme gehören zu den Grundprinzipien der Fliegerei. Der entsprechende Fachbegrifft ist „Wingmanship“. Diese Philosophie wurde von allen Teilnehmern des abgeschlossenen Lehrgangs auf dem Salzburg Airport angenommen, umgesetzt und mit nach Hause genommen. Die internationale Kursgruppe steht nun weiterhin in Kontakt und unterstützt sich gegenseitig, wenn behördliche Prozeduren in den jeweiligen Staaten gemeistert werden müssen. Wingmanship at it‘s best.

Mittlerweile sind einige Kandidaten schon durch die Behörden ihrer Staaten lizensiert worden. Sie stehen nun offiziell für Untersuchungen von fliegerischem Personal der Tauglichkeitsklasse 2 zur Verfügung.

Der nächsten Kurse sind für Mai und Oktober 2025 geplant: Basic Course und Advanced und Refresher Course.  Weitere Information dazu finden sich auf der Website des Aeromedical Center Salzburg:

Mehr Infos: 

www.amc-salzburg.at

Fotos:

Fotos: Austrian Aviation Medicine Institute