Von Mag. Dr. Albert Wörtl | med.ium 3+4/2023 | 5.5.2023
Die Einschränkung der persönlichen Kontakte zu Gesundheitsanbietern wie Ärzten und Psychotherapeutinnen erforderte kreative Alternativen, zumal mittlerweile feststeht, dass die Herausforderungen der Pandemie zu vermehrten psychischen Störungen in der Bevölkerung führten.
Sichtbar wird diese digitale Entwicklung besonders im Bereich der Mental Health-Apps oder E-Health-Apps, also digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGAs), die helfen können, den Umgang mit psychischer Gesundheit bzw. die Behandlung psychischer Störungen zu unterstützen.
E-Health Apps sind Anwendungen für die psychische Gesundheit, die auf mobilen Geräten oder Computern verwendet werden, um Unterstützung und Ressourcen für psychische Gesundheitsprobleme zu vermitteln. Die Apps eignen sich für Personen mit psychischen Problemen und können von Gesundheitsdienstleistern oder von Menschen, die ihre psychische Gesundheit proaktiv verbessern möchten,
verwendet werden.
Einige der Funktionen, die E-Health Apps enthalten können:
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass E-Health-Apps nicht als Ersatz für professionelle medizinische Behandlung und Beratung dienen sollten.
Im Gegensatz zu Deutschland und zahlreichen anderen EU Staaten, in denen es einen relativ klaren Standard für solche Applikationen gibt, deren Nutzung dann auch von den Gesundheitskassen bezahlt wird, herrscht in Österreich diesbezüglich ein Wildwuchs – momentan ohne eine Möglichkeit der Zertifizierung und Kostenübernahme durch Krankenkassen oder Sozialversicherung.
In Deutschland sind derzeit 14 dieser Anwendungen im Mental Health-Bereich zertifiziert, insbesondere für die Diagnosen Angst und Depression, aber auch Schmerz (insbesondere somatoforme Schmerzstörung), Schlaf und Substanzabhängigkeiten.
Einen Überblick bietet die Website des deutschen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte: https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis.
Da es sich in erster Linie um Startups handelt, wird zwischen einer dauerhaften und einer vorübergehenden Aufnahme in den Leistungskatalog unterschieden, um die laufende Qualitätskontrolle zu gewährleisten.
Die zunehmende Bedeutung der Mental Health-Apps lässt sich auch gut am Beispiel der S3 Leitlinien Depression in Deutschland ablesen, wo bei erstmaliger leichter depressiver Episode DiGAs als alleinige Therapie empfohlen werden, bei mittelgradigen und schweren Episoden in Kombination mit Psychotherapie bzw. Medikamenten.
So muss in Österreich unterschieden werden zwischen:
Natürlich gibt es auch Kombinationen wie z. B Cogito.
Die Cogito-App bietet verschiedenste Funktionen, darunter:
Die Vorteile digitaler Anwendungen liegen auf der Hand:
Bei ständig steigender Prävalenz und bekannter Unterdiagnostizierung und Unterbehandlung psychischer Erkrankungen stellen Apps eine wichtige Ergänzung zu medikamentöser Behandlung und Psychotherapie dar. Die nachgewiesene Wirksamkeit, unkomplizierte und jederzeitige Verfügbarkeit (sogar in jeweiliger Muttersprache!), Kosteneffizienz und Vermeidung von Folgeschäden durch lange Wartezeiten auf Behandlung stellen die wichtigsten Vorteile dar.
Nicht außer Acht gelassen werden darf natürlich das Interesse der Krankenkassen auf Kostenreduktion und Effizienz, das niemals auf Kosten der persönlichen Beziehung zwischen Arzt/Ärztin bzw. Psychotherapeut/in und Patient/in gehen darf, womit die DiGas definitiv bei klinisch relevanten psychischen Störungen nur als Übergangslösung und Add On gesehen werden dürfen.
So sind abschließend die verantwortlichen Stellen in Österreich gefordert, rasch digitale Gesundheitsanwendungen in die Behandlung psychischer Krankheiten als erstattungsfähige Leistung in das österreichische öffentliche Gesundheitswesen einzubinden und entsprechende Standards zu formulieren.
Deutsches Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte: https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis
(Literatur beim Verfasser)