Medium Digital » Newsdetail
Wissenswertes

Chef aller Fliegerärzte

Der Salzburger Facharzt für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie Dr. Thomas Drekonja ist neuer Präsident der Medizinischen Kommission des Welt-Luftsportverbands FAI. Hier erzählt er von seiner Leidenschaft fürs Fliegen und von den Aufgaben als oberster Fliegerarzt.

Von Mag. Christoph Schwalb | med.ium 7+8/2023 | 11.8.2023

Wenn Dr. Thomas Drekonja nicht gerade in der Luft ist, arbeitet er für gewöhnlich in der Salzburger Privatklinik Wehrle-Diakonissen als Facharzt für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie. Bei einer Fachtagung des internationalen Luftsportverbands FAI (Fédération Aéronautique Internationale) in Stockholm wurde er heuer zum „Chef aller Fliegerärzte“ gewählt. Der passionierte Privatpilot und Fluglehrer mit Berechtigungen für Sicht- und Instrumentenflug mit ein- und mehrmotorigen Flugzeugen besitzt über 1000 Flugstunden an Erfahrung.

Nun ist der frühere flugmedizinische Leiter der Luftrennserie „Red Bull Air Race“ Präsident der Medizinischen Kommission (CIMP) der FAI mit Sitz in Lausanne (Schweiz) und für die Aufgaben der modernen Flugmedizin zuständig. Diese umfassen präventive, arbeits- und umweltmedizinische sowie klinische Aspekte, die die Gesundheit und Sicherheit von Piloten, Kabinenpersonal, Fluglotsen und Passagiere betreffen.

Luftsportverband und Aufgaben der Flugmedizin: fast so alt wie die Geschichte des motorisierten Flugs

Die Internationalen Flugsicherheitsbehörden geben die gesetzlichen Bestimmungen und Grundlagen der Flugmedizin vor, die nationale Behörden wie die Austro Control in Österreich nach geltenden Rechtsvorschriften (Ärztegesetze, etc.) umsetzen. 

Die CIMP des Luftsportverbands FAI hat einen Sitz in der Medizinischen Expertengruppe der Europäischen Flugsicherheitsagentur (EASA) in Köln. Als Delegierter des österreichischen Aeroclubs vertrat Dr. Drekonja dort in den letzten Jahren die Interessen des Flugsports und der zivilen Luftfahrt. 

Seit Juni 2023 ist er gewählter Präsidenten der CIMP. „In der kommenden Funktionsperiode geht es mir und meinen Kommissionskollegen vor allem darum, die Sicherheitsstandards im Flugsport und der zivilen Fliegerei weiterzuentwickeln. Flugsicherheit ist und bleibt unser vorrangiges Ziel“, erklärt der neue Chef aller Fliegerärztinnen und Fliegerärzte.

Ausbildung und flugmedizinische Untersuchungen

Die EASA schreibt für flugmedizinische Sachverständige (Aeromedical Examiner, AMEs) im europäischen Raum eine einschlägige Ausbildung, die Approbation als Arzt sowie eine geeignete Ausstattung der Praxis oder flugmedizinischen Untersuchungsstelle vor. In Österreich sind rund 60 AMEs und drei Flugmedizinische Zentren (Aeromedical Centers, AeMCs) von der Austro Control zertifiziert. Das vorgeschriebene Training für die Erweiterung der Kompetenzen muss in einem der drei der Zentren, wie etwa im Aeromedical Center Salzburg, absolviert werden.

Die Ausbildung zum Berufspiloten dauert zwei Jahre und beinhaltet mehrere Trainings sowie Prüfungen zu den Sicherheitsabläufen im Notfall. Abhängig von Alter und fliegerischer Tätigkeit der Piloten (privat, kommerziell oder Linienflug) werden die flugmedizinischen Check-Ups und die Gültigkeit der „Medical Certificates“ genannten Tauglichkeitszeugnisse festgelegt. Linienpiloten kommen bis zum 60. Lebensjahr jährlich zur Verlängerungsuntersuchung, ab dem 60. Lebensjahr sogar alle sechs Monate. Die Gültigkeitsdauer eines „Privatpiloten Medicals“ beträgt bis zu dessen 40. Geburtstag fünf Jahre.

Sicherheitsabläufe aus der Luftfahrt helfen auch in der Medizin, Fehler zu vermeiden und die Abläufe zu optimieren

Die in der Fliegerei bewährten Sicherheitsstandards wie Crew Resource Management (CRM), Safety Management (SM) oder das Critical Incident Stress Management (CISM) helfen vielerorts auch in der Medizin, Fehler zu vermeiden und aus Zwischenfällen zu lernen. So verwenden MedizinerInnen in OPs, auf Intensiv- und Bettenstationen Checklisten, um sicherzustellen, dass kritische Schritte vollständig und in der korrekten Reihenfolge ausgeführt werden. Diese Strukturen verbessern die Leistungen der sie verinnerlichenden und anwendenden Teams und bringen so bessere medizinische Ergebnisse hervor.

„Von der Fliegerei zur klinischen Medizin: Diese Standards haben sich bei meinen orthopädischen Eingriffen als Chirurg genauso bewährt wie im Cockpit.“

Dr. Thomas Drekonja

Fotos: Fliegerarzt im Einsatz

Das Hobby zum Beruf gemacht: besondere Erlebnisse inklusive

Wie aufregend die Fliegerei ist, beweisen die Erzählungen von Dr. Drekonjas spektakulärsten Erlebnissen. Vor seiner Berufung zum jetzigen FAI-Präsident der Medizinischen Kommission hatte er seit 2013 die flugmedizinische Leitung bei Red Bull Air Race inne. Im Human Factors Team war er als Experte der Flugmedizin gemeinsam mit Experten für Flugpsychologie und Osteopathie zuständig für die laufende medizinische Betreuung der Piloten, randomisierte Drogen- und Alkoholkontrollen sowie die Koordination der Rettungsketten.

Er schafft es, sein Hobby zum Beruf zu machen und beides miteinander in Einklang zu bringen, was ihn immer wieder besondere Momente  erleben lässt. 2019 durfte Drekonja an einer unvergesslichen Mission teilnehmen. Der Secretary der US Navy lud ihn zusammen mit Kollegen zum Distinguished Visitor Program auf dem Flugzeugträger Teddy Roosevelt im Pazifik ein. 24 Stunden lang durften sie die Schiffsmannschaft im Einsatz begleiten und beobachten. Drei Staffeln von F18 Super Hornets-Düsenjets, zwei sogenannte Hawkeye Aufklärungsflugzeuge und eine Helikopterstaffel waren rund um die Uhr im Einsatz.

„Als Privatpilot und Flugmediziner durfte ich viel erleben. In einer Fliegerkarriere erreicht man einige Meilensteine. Der erste Start, die erste Landung, der erste Alleinflug, der erste Nachtflug der erste Flug durch Wolken nach Instrumentenverfahren. Die waren alle etwas Besonderes. Am meisten bin ich aber dankbar für die Freundschaften, die sich unter Piloten bilden. Wir passen auf einander auf, wir helfen uns gegenseitig. Good Airmanship beinhaltet diese Werte. Du willst als Pilot ein guter Wingman für deine Kollegen sein.“

Dr. Thomas Drekonja

„So imposant die Flieger und die Technik auch waren, es war das Zusammenspiel der Mannschaft, die Kameradschaft, Respekt und Disziplin der knapp 6.000 Männer und Frauen der Teddy Roosevelt, der uns ganz besonders beeindruckt hat. Am nächsten Tag wurden wir in unserer C2 Maschine vom Deck katapultiert“, erzählt Dr. Drekonja noch immer begeistert.

Seine Fliegerleidenschaft führte Dr. Drekonja zuletzt sogar bis ins Radiostudio. Im „Salzburger Nachtstudio“ von Ö1 ergänzte er kürzlich als Pilot und Fliegerarzt die Dokumentation über den weltbekannten Psychotherapeuten und Arzt Viktor Frankl, der selbst mit 67 Jahren in den USA noch Pilot wurde. Es ist nie zu spät, seiner Leidenschaft zu folgen.