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Von Rechts wegen

Aufklärung fremdsprachiger Patient*innen

Die vom BMSGPK entwickelte Plattform für Gesundheitsdiensteanbieter dient Gesundheitsdiensteanbietern (dazu zählen auch Ärztinnen und Ärzte) als Einstieg auf bestimmte e-Health Applikationen.

Von Mag.a Alexandra Straif | med.ium 11+12/2023 | 13.12.2023

Eine ausreichende Aufklärung der Patient*innen ist Voraussetzung für die rechtsgültige Einwilligung in eine medizinische Behandlung („informed consent“). Das notwendige Ausmaß der ärztlichen Aufklärung richtet sich dabei nach den Umständen im konkreten Einzelfall. Als Faustregel gilt: Je dringender der Eingriff, desto geringer sind die Anforderungen an die Aufklärung.

Die Rechtsprechung geht in Arzthaftungsprozessen von einer Beweislastumkehr aus, wonach die Rechtmäßigkeit der Aufklärung seitens der Ärzt*innen bzw. Träger*innen der Krankenanstalt zu beweisen ist.  Nicht zuletzt deshalb ist die Sphäre der Aufklärung bekanntermaßen äußerst haftungsanfällig. Denn ohne rechtsgültige Einwilligung stellt ein Eingriff – selbst wenn medizinisch indiziert und lege artis durchgeführt – eine Körperverletzung dar.

Entscheidungsfähige Personen sind vom behandelnden Arzt oder von der behandelnden Ärztin mündlich aufzuklären. Das Aufklärungsgespräch muss unbedingt dokumentiert werden. Schriftliche  Aufklärungsbögen können zwar unterstützend eingesetzt werden, sind für sich allein jedoch nicht rechtswirksam. Im Sinne des Selbstbestimmungsrechts ist auch ein Verzicht auf die Aufklärung möglich. Dieser muss entweder ausdrücklich erklärt werden oder es muss zumindest zweifelsfrei erkennbar sein, dass die Person die Aufklärung ablehnt.

Für die Aufklärung von fremdsprachigen Patient*innen gilt grundsätzlich derselbe Maßstab. Aus Sicht der behandelnden Ärzt*innen ergeben sich jedoch zusätzliche Haftungsrisiken. Zunächst ist – wie üblich – das individuelle Informationsbedürfnis der zu behandelnden Person abzuklären und in diesem Rahmen das deutsche Sprachverständnis zu prüfen. Bei mangelnden Deutschkenntnissen kann die Aufklärung in einer anderen gemeinsamen Sprache erfolgen. Besteht eine Sprachbarriere, die einer ausreichenden Aufklärung entgegenstehen würde, sind geeignete Dolmetscher*innen heranzuziehen. Dafür kommen vorrangig Berufsdolmetscher*innen in Betracht (vor Ort, per Video oder per Telefon). Mangels Verfügbarkeit können auch geeignete Laiendolmetscher*innen (z. B. Krankenhauspersonal, Angehörige) eingesetzt werden. Bei der Beurteilung der Eignung ist jedoch Sorgfalt geboten, denn Ärzt*innen haften zumindest für Auswahlverschulden. Eine Übernahme der Aufklärung z. B. durch sprachkundiges Pflegepersonal ist jedenfalls ebenso wenig zulässig wie die bloße Aushändigung eines übersetzten Aufklärungsbogens. Beim Einsatz von Dolmetscher*innen ist überdies stets auf die ärztliche Verschwiegenheitspflicht Bedacht zu nehmen und muss daher eine Entbindung erfolgen.

Kann aufgrund aktuell unüberwindbarer Sprachbarriere nicht hinreichend aufgeklärt werden, ist die Behandlung abzulehnen. Im Falle von dringend notwendiger ärztlicher Hilfe darf die Behandlung natürlich nicht verweigert werden.

Sprachbarrieren sind im Übrigen nicht erst bei der Aufklärung über eine konkrete Behandlung, sondern schon bei der Anamnese und Beurteilung der Behandlungsbedürftigkeit haftungsrelevant (siehe die Entscheidung im „Ölofenfall“ OGH 11.05.2010, 4 Ob 36/10p). 

Ansprechperson

Mag.a Alexandra Straif

Servicebereich Recht
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